Von Bolivien nach Brasilien

14 10 2011

Nach genau 90 Tagen in Bolivien – der Grenzbeamte war sichtlich beeindruckt als er auf seinem Taschenrechner die Tage ausrechnete die ich eventuell zuviel in seinem Land verbracht habe, und Strafe hätte zahlen müssen – ging es nach Brasilien.

Was habe ich in Bolivien noch gemacht? Sicher habt ihr die Fotos schon gesehen, ich bin von Sucre aus nach Samaipata gefahren und habe dort eine tolle 2-Tages-Wanderung im Nationalpark Amboró gemacht. Danach trieb es mich ganz weit in den Osten Boliviens, wo man auf der alten Missionsrute der Jesuiten deren schöne Gotteshäuser in der Gegend

Nach Samaipata fuhr ich weit in den Nordosten Boliviens, in die Chiquitano Jesuitenmissionsdoerfer.

der Chiquitos bewundern kann. Die Ureinwohner die hier damals zum Christentum konvertieren sollten wurden Chiquitos genannt, weil sie wohl besonders klein waren. Sechs der Orte gehören heute zum Unesco Weltkulturerbe und viele der Kirchen wurden um 1700 von dem Schweizer Martin Schmidt gebaut. Die Kirchen sind ganz hübsch, aber irgendwie auch alle ähnlich und von dem noch ursprünglichen traditionellen Leben in den Gemeinden habe ich leider nicht soviel mitbekommen, ausser dass ich auf einigen Artesanenmärkten war. Beeindruckend fand ich aber, dass diese Orte so mitten im Nichts, in der heissen, öden Pampa errichtet wurden, 50 bis 100 km voneinander entfernt. Ich habe mich einen Tag lang von einem Taxi umherfahren lassen, auf schlechten holprigen staubigen Strassen, bei 35 Grad, und habe mir 3 der Orte angesehen.

Eine lange Busfahrt mit dem wohl ältesten und staubigstem Bus der Welt, inklusive einem Reifenwechsel, brachte mich dann an die Brasilianischen Grenze. In der Grenzstadt Corumbá auf der Brasilianischen Seite musste ich dann lernen, dass Portugiesisch sich überhaupt nicht wie Spanisch anhört und man mein Spanisch zwar eher schlecht als recht versteht, ich aber niemanden verstehe. Gott, wie frustierend! Nach 9 Monaten in Spanisch sprechenden Ländern hatte ich grosse Fortschritte gemacht und konnte mich ohne Probleme verständigen und unterhalten. Nun kam ich in ein neues Land mit einer neuen Sprache, und fühlte mich wie am Anfang der Reise, völlig unbeholfen. Ich habe auch anfangs nicht einsehen wollen warum um Himmels willen diese Brasilianer denn kein Spanisch in der Schule lernen, ich meine sie LEBEN auf einem Spanisch sprechenden Kontinent! Und irgendjemand sagte mir auch, es würden fast alle Englisch sprechen, tsssss. Nun gut, nach ungefahr einer Woche hatte ich dann auch das Portugiesische ‚Danke‘ verinnerlicht (Obrigada), anstatt automatisch ‚Gracias‘ zu sagen. Jetzt, nach 3 Wochen Brasilien, habe ich mich ein bisschen an die Aussprache gewöhnt und kann ich mir so in etwa denken, welches Wort gemeint ist. Portugiesisch ist eine lustige Sprache, viele Wörter werden nasal ausgesprochen, es gibt viele djsch-Laute, und manchmal hört es sich fast arabisch an, ein anderes Mal wieder Französisch, manchmal dachte ich auch die Leute sprechen deutsch.

Von Corumbá aus fuhr ich nach Campo Grande, wo ich im Bus die beiden deutschen Jungs Dominik und Martin kennengelernt habe und mich an ihre Fersen geheftet hab. Die beiden haben eine Tour ins Pantanal gemacht, ich hatte sowas ähnliches schon mit Alex in Bolivien gemacht und bin nach Rio geflogen, wir wollten uns dort wieder treffen. Der Flug war halb so teuer wie die Busfahrt, ich hatte Glück! Ja, neben der Sprache hat mich auch geschockt wie teuer die Busfahrten hier sind, ich vermute mal so in etwa wie bei uns. Klar, man bekommt auch was fürs Geld, die Busse sind neu, komfortabel etc. Aber ich zahle lieber 5 Euro wie in Bolivien und fahre in einer Klapperschüssel, als mein gesamtes Tagesbudget auszugeben und damit luxuriös kutschiert zu werden. Insgesamt fand ich das Reisen in den anderen Ländern spannender, weil es eben nicht so komfortabel war und mit mehr Gefahren verbunden war, eben aufregender weil es so anders war als alles was ich bisher kannte. Insgesamt fühle ich mich hier eher wie in Europa als in Südamerika. Ich vergleiche immer wieder Brasilien mit Bolivien oder Peru oder Ecuador, ich weiss, ich sollte das nicht tun denn es ist wie Deutschland mit einem Osteuropäischen Land zu vergleichen.

In Rio angekommen wurde ich erneut geschockt: Es fand gerade das einmal in 10 Jahren stattfindende Festival Rock in Rio statt und die Hostelpreise schossen am Wochenende in die Höhe. Nicht nur dass es teuer war, es war auch schwer was zu finden. Couchsurfing hatte leider nicht geklappt. Wenigstens kam ich an einem Montag an, aber ab Donnerstag wurden die Preise angehoben und ich musste 80 Reais (32 Euro) für ein Bett im 6-Mann-Zimmer zahlen. DSCN1621Zum Jesus Christus zu fahren ist auch nicht gerade preiswert, auf dem Zuckerhut war ich dann garnicht erst. Man konnte dort alle möglichen Touren machen, z.B. auch eine Favela besuchen, die Armenviertel in Rio, und deren Strukturen kennenlernen. Diese werden meist von Drogenkartellen geleitet und haben eine völlig eigene Organisation des täglichen Lebens, wie Strom-und Wasserversorgung oder Lebensmittel. Für die Olympiade nächstes Jahr wird hier aber schon kräftig ‚aufgeräumt‘, es werden Polizisten in den Favelas stationiert und versucht die Lebensbedingungen dort zu verbessern.

Mit Dominik und Martin bin ich dann auf eine 2 Stunden südlich von Rio gelegene Insel, Ilha Grande gefahren. In unserem Zimmer waren noch 2 deutsche Mädels, mit denen wir zusammen eine Bootstour und eine Wanderung gemacht haben. Die Jungs mussten DSCN2037zurück nach Deutschland, ich fuhr mit den Mädels gemeinsam in den nächsten Ort, nach Paraty, einer an der Küste gelegenen wunderschönen Kolonialstadt. Dort haben wir eine echt anstrengende Radtour zu verschiedenen Wasserfällen gemacht. Es war heiss und schwül und es ging steil bergauf, ich musste meistens das Rad schieben, und habe geschwitzt aus allen Poren! Da kam das kalte Wasser wie gerufen zur Abkühlung. An einem Wasserfall konnte man den Felsen runterrutschen, bei einem anderen konnte man den 11m hohen Felsen runterspringen (was ich nicht gemacht habe), und bei einem wieder anderen gab es ein Tarzanseil zum reinschwingen. Das hat echt Spass gemacht und war ein wahrer Adrenalinkick!

Von den beiden musste ich mich dann leider auch trennen und bin allein weiter nach Curitiba und von dort mit dem Zug nach Paranaguá. Die Strecke soll die schönste in ganz Brasilien sein, es ging viel durch den Regenwald, durch Tunnel und über Viadukte mit tollem Blick uber die Schluchten. Von Paranaguá aus habe ich die Fähre auf eine weitere Insel genommen, Ilha do Mel, die Honiginsel. Das ist bisher mein Favorit in Brasilien, es war ein Traum dort. Da gerade Vorsaison ist war es angenehm leer, auf der Insel gibt es keine Autos, nur kleine Waldwege, und tolle Strände. Nach dem vielen Umherreisen davor war ich ziemlich k.o. und eine Nachtfahrt steckte mir noch in den Knochen, ich brauchte Ruhe. Hier konnte ich ausschlafen, lange frühstücken, das machen wonach mir der Sinn steht, keine Kompromisse (was man logischerweise oft macht wenn man mit anderen reist), am Strand liegen, am Strand spazieren gehen, am Strand Yoga machen, am Strand Joggen. Ich liebe Ilha do Mel!

Nun bin ich auf dem Weg nach Blumenau, einer deutschen Stadt in der gerade Oktoberfest gefeiert wird. Ich bin mal gespannt, ich war ja noch nie beim Oktoberfest 🙂 Ich habe noch 2 Wochen bevor es nach Hause geht, und ich muss sagen ich freue mich schon wahnsinnig darauf!!!

In Liebe,

Eure Tina



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2 Antworten zu “Von Bolivien nach Brasilien”

  • Mel sagt:

    Das klingt nach Mel die Honiginsel!
    Ich Liebe dich auch! Kuss

  • edda jordan sagt:

    Tinchen Du hast ja wieder einen spannenden reisebericht hingezaubert. …………. , Danke Danke…………!!! l

    In Liebe die eltern und viele Küsschen bis bald ):
    bleib gesund und munter

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