Ometepe: Chronik einer Vulkanwanderung

21 02 2011

Ometepe ist eine Insel geformt aus 2 wunderschoen geformten Vulkanen, inmitten des Nicaraguasees, und ist die groesste vulkanische Suesswasserinsel der Welt! Von den beiden Vulkanen Concepción (1.610m hoch) und Maderas (1.395m), ist der erste noch aktiv, er hat zuletzt im Maerz 2010 Staub und Asche gespuckt. Der  See selbst ist der groesste See in Zentralamerika. Die Insel beherbergt neben tausenden von Schweinen und Huehnern auch ueber 3000 Jahre alte Petroglyphen, das sind in Stein gearbeitete Bildnisse von den Ureinwohnern der Insel. Die Insel ist also schon ziemlich lange bewohnt.

Am ersten Tag haben wir einen Berliner besucht, ein Seelenfunken-Freund von Alex, der auf Ometepe ein Hotel hat. Wir durften dort im Dormitory eine Nacht umsonst schlafen. Seelenfunken ist die Feuergruppe, mit der die beiden frueher aufgetreten sind. Eine kleine Feuershow haben wir abends auch bekommen, mit einem Pulver das er in der Luft angezuendet hat.

Danach ging’s auf den Ostteil der Insel, der fuer unsere Begriffe eher unterentwickelt ist. Da der Mitte der Inseln die Vulkane tronen, gibt es nur eine Strasse die um die Insel herumfuehrt. Diese Strasse ist nicht alphaltiert, sondern nur eine Art Feldweg, der mit groesseren und kleineren Steinen gesaeumt ist. Aber auf jeden Fall viele Steine und grosse Loecher. Der Bus fuhr meist nur in Schrittgeschwindigkeit und kann einen Teil der Insel gar nicht befahren weil der Weg einfach unglaublich schlecht ist. Wir haben es einmal mit einem geliehenen Motorrad versucht, dort entlang zu fahren und hatten nach einer guten Stunde Fahrzeit einen platten Reifen. Das hiess 4 Stunden warten bis wir von unserm Hostel-Papa abgeholt wurden, weil der gerade mit dem Auto am anderen Ende der Insel war. Dann fuhr er mit uns einmal um die Insel rum, was nochmal 2 Stunden gedauert hat. Das Motorradfahren jedenfalls war klasse. Ohne Helm, das heisst man konnte sich beim Fahren unterhalten, und ohne Schutzkleidung, vorbeischlaengeln an Pferden und Kuehen und den Schlagloechern! Alex meinte zu der Strasse, dass es wie eine Motorcross-Strecke waere.

Wie gesagt, es leben viele Schweine, Huehner, Hunde, Pferde und Kuehe auf der Insel (das ist aber repraesentativ fuer das ganze Land) und die laufen alle auch wild und frei herum. Internet gabs dort aber! In einer kleinen Butze, an dem kleinsten Laptop der Welt, und es gab auch nur diesen einen.

Am ersten Tag unserer Anreise auf der oestlichen Seite von Ometepe sind wir in einem Ort names Balgue gelandet. Wir haben uns ueberlegt, gleich am naechsten Tag den Vulkan Maderas (den kleinen, also 1300m) zu besteigen. Dort gibt es im Krater eine Lagune, in der man baden kann. Also schoen, vom Hostel aus einen Guide bestellt, denn allein ist die Besteigung verboten, seitdem ein paar Touries nicht mehr wiedergekehrt sind und bis heute vermisst sind. Am naechsten Tag solls um 7 losgehen, der Guide holt uns vom Hostel ab. Wir konnten auch noch einen Kanadier aus unserem Hostel begeistern, sich uns anzuschliessen, damit wir den Preis von 15 Dollar aufteilen konnten (was sich als falsch erwies da es 7.50 Dollar pro Person waren). 4 Stunden soll der Aufstieg dauern und 3 der Abstieg.

7 Uhr. Unser Guide heisst Marvin, aber unter dem Namen kennt ihn keiner im Dorf weil er einen Spitznamen von einer Filmfigur hat. Egal, wir haben ihn Marvin genannt. Marvin traegt einfache Gummistiefel, der Kanadier normale Jogginschuhe und Alex und ich unsere high-tech Gore-tex Wanderschuhe der Kategorie B/C, die so teuer waren wie wahrscheinlich 2 Jahresgehaelter von Marvin. Die ersten 20 Minuten ging es schon leicht, aber stetig bergauf, bis zu einer Finca namens Magdalena.

7.20 Uhr. Es ist schwuel-warm und ich schwitze schon aus allen Poren. Wer mich kennt, der weiss dass ich bei sportlicher Betaetigung einen roten Kopf bekomme. Der war schon hellrot. An der Finca Magdalena muss man eine kleine Nutzungsgebuehr fuer die Wege zahlen die man bei der Besteigung nutzt, da ein ziemlich grosses Gebiet des Vulkanfusses eben dieser Finca gehoert. Der Weg war gesaumt von riesigen Bananen-, Kaffee-, Kakao-, und Avocadoplantagen und die Wege waren gut ausgebaut.

8 Uhr. Das Gebiet der Finca endet und es beginnen Trampelpfade. Es ist anstrengend, aber ich bewundere noch die Pflanzenwelt und halte Ausschau nach Affen in den Bauemen. Marvin ist unglaublich schnell, mal sehen wie lange ich das Tempo mithalte.

9.30 Uhr. Die letzten 1,5 Stunden ging es nur bergauf, und es wurde immer steiler und die Wege immer schwieriger. Wir sind an einem Mirador (Aussichtspunkt), der letzte Ort bevor wir die wolkige Zone der Vulkan-Spitze betreten. Mein Kopf glueht schon und meine Beinmuskeln werden langsam muede. Wer mich kennt, weiss dass ich bei extremer koerperlicher Betateigung Kopfschmerzen bekomme, und zwar ziemlich starke. Die Kopfschmerzen fangen an. Ware es nach mir gegangen, ich haette von diesem Mirador aus schon umkehren koennen. Der Guide faengt an mich zu fragen wie es  mir geht. Muy bien! Es sind noch 2,5 Stunden bis zur Lagune! Zum Glueck haben wir noch ein paar Kekse zur Staerkung.

10 Uhr. Die Kopfschmerzen werden schlimmer, aber ich will keine Tablette nehmen.  Ich sage mir selbst und meinem Koerper dass er mir gefaelligst zu gehorchen hat. Ohne Tablette muss das doch auch gehen.  Basta.

11 Uhr. Wir sind mittlerweile im Tropenwald. Da es oben immer feucht ist, ist die Vegetation ganz anders als unten. Riesige Baueme mit Lianen, die mich an den Film Avatar erinnern. Viel Gruen, viel Feuchtigkeit, der Boden ist matschig und rutschig. Es gibt keinen richtigen Weg mehr sondern eine Art ausgewaschenes Flussbett, das besonders steil ist und mit unzaehligen Steinen gesaeumt ist. Ich bin froh dass es die Lianen gibt an denen man sich festhalten kann. Und gut dass wir diese riesigen Wanderstiefel haben, die ich bei jedem Packen verflucht habe weil sie einen irrsinnigen Platz im Rucksack wegnehmen. Die Flora nehme ich nur noch am Rande war. Zu kompliziert ist der Aufstieg und meine Kopfschmerzen werden unertraeglich. Ich nehme eine Tablette.

11.30 Uhr. Wir sind am Gipfel (juhuuu!) aber wir muessen noch einen kleien Abhang ca 10 Minuten absteigen um zur Lagune zu kommen. Ich kann echt nicht mehr, bin am Ende meiner Kraefte. Ich frage den Guide ob es wirklich so toll da unten ist, ist doch nur ein See, denn ich muss ja spaeter wieder den Weg raufklettern. Er meint, ‚Vamos!‘. Das schaffst du schon. Hier muss ich mich uebergeben. Kennt das jemand von euch, dass man sich bei totaler Ueberanstrengung uebergeben muss? Ich kannte das bisher nur aus dem Fitnessstudio in den Schoenhauser Allee Arkaden, wenn es mal ein Maedel bei ihrem Indoor-Cycling-Kurs uebertrieben hat und dann aufs Klo musste. Und danach wieder auf den Cross-Trainer. Naja, so aehnlich war’s bei mir auch.

11.45 Uhr. Wir sind an der Lagune. Sieht aus wie der Liepnitzsee mit einem Berg am Rand. Toll, dafuer opfere ich meine letzten Kraefte? Ich bin voellig am Ende, entkraeftet und erschoepft. Ich lege mich ins Gras und atme die Hoehenluft, aber merke schon bald dass mir wieder schlecht wird. Ich verkrieche mich ins Gebuesch und hinterlasse dort meinen restlichen Mageninhalt. Dort lagen nun mein Fruehstuck aus Gallo Pinto (Reis mit Bohnen), Ruehrei, Toast und Fruechten, sowie die kurz vorher verspeisten Kekse, ohne eine Chance mir noch die notwendigen Kalorien zuzufuehren. Aber hey, mir gehts besser! Traue mich nur nicht mehr etwas zu essen oder zu trinken. Marvin schaut mich besorgt an. Ausserdem erfahert er in der Lagune dass Alex zwei kaputte Knie hat und faellt fast aus allen Wolken. Haette er das gewusst, meinte er, haette er ihn nicht mitgenommen. Er erzaehlt uns von einer Frau die mit ihm unterwegs war und sich am Gipfel verletzt hat. Er hat sie den ganzen Weg herunterGETRAGEN!

12.30 Uhr. Wir beginnen den Abstieg, wobei wir ja erstmal wieder hinauf muessen, aus der Lagune raus. Dass nun weitere 3-4 Stunden vor uns liegen stimmt mich nicht gerade froehlich. Ich frage Alex ob es hier nicht doch irgendwo eine Seilbahen nach unten gibt. Gibts nicht, aber wenigstens gehts runter viel einfacher als hoch!

14.30 Uhr. Wir sind wieder bei dem Mirador. Marvin und der Kanadier haben ein unglaubliches Tempo drauf. Unser kleiner Guide huepft wie ein Kobold von Stein zu Stein. Schaue ich einmal kurz auf den Boden und wieder hoch, ist er schon ausser Sichtweite, obwohl er gerade noch vor mir war. Ihm macht das alles gar nichts aus. Er erzaehlt davon, wie er einmal mit 2 Israelischen Soldaten den Weg in 3 Stunden geschafft hat, 2 Stunden rauf, 1 runter! Der Angeber.

16 Uhr. Wir sind unten! Ich bin der gluecklichste Mensch der Welt und werde sicher nie wieder einen so hohen, steilen Berg besteigen. Wir erfahren von Marvin dass er von den 15 Dollar die wir dem Hostel fuer die Tour spaeter bezahlen, nur die Haelfte bekommt. Den Rest behaelt das Hostel! Halsabschneider.

Nun befinden wir uns auf dem Weg an die karibische Kueste, wir wollen nach Corn Island! Weisser Sand, Korallenriffe zum Schnorcheln und Tauchen, und Entspannung! Dafuer mussten wir heute insgesamt 9 Stunden Bus fahren, und uebermorgen stehen uns 6 Stunden in einen kleinen Boot auf hoher See bevor! Habe mich schon mit Reisetabletten und Ingwer gewappnet, denn ich werde sehr schnell seekrank. Alex hat da keine Probleme. Wir haetten natuerlich auch fliegen koennen, ist schneller, aber viel teurer. Mal sehen, vielleicht auf dem Rueckweg.

Achso, Fotos folgen demnaechst!